Nähert man sich dem imposanten Bauensemble auf dem Dornburger Schlossberg zum ersten Mal, wähnt man sich fast wie nah der Loreley, eine der schönsten Regionen des Mittelrheintals, und befindet sich doch im Herzen von Thüringen, ein paar Autominuten nördlich von Jena.
Unter den üppig mit Wein und Obstbäumen bewachsenen, terrassierten Hängen, welche auch schon von Goethe bewundert und beschrieben wurden, rauscht im Talgrund neben der Eisenbahnlinie, mal ruhig, mal lebendig die Saale in ihrem Lauf. Oben indes zieht am Gipfel der aufragenden Felsmassive aus Muschelkalk die bezaubernde Kulisse einer mehrteiligen Schlossanlage den Blick des Besuchers in ihren Bann.
Antikes aus Bronze und kaiserliche Pfalz in früher Zeit
Wie Ausgrabungen belegen, gehen erste Besiedlungen des Dornburger Flurs bereits auf die Jungsteinzeit zurück (etwa zwischen 3000 und 5000 Jahren v. Chr.), jene Übergangszeit von Wirtschaftsweisen damaliger Menschen mit Werkzeugen aus Stein hin zu Metallen wie Kupfer und später auch Eisen. Es war kulturhistorisch zugleich auch der Beginn von Ackerbau und Viehzucht, in welchen die dort gemachten Funde von antiken Beisetzungsanlagen und einer Bronzesichel fallen und eine Menge weiterer verschiedener vorzeitlicher Materialen auf eine frühe intensive Nutzung hindeuten.
Das sächsische Adelsgeschlecht der Liudolfinger, welche nach den deutsch-römischen Kaiserkrönungen auch „die Ottonen“ genannt wurden, bauten eine um 937 erstmalig urkundlich erwähnte Burg in Dornburg zur Pfalz aus. Sie hielten, wie beispielsweise Otto der I. und Heinrich der II., innerhalb der folgenden rund 100 Jahre hier mehrere Reichstage ab.
Drei Schlösser, drei Stile
Die heutigen drei Hauptschlösser waren zunächst in ihrer Entstehung ganz unterschiedlichen Nutzungen angedacht, nicht zusammengehörig und auch die Bauzeiten lagen zum Teil deutlich auseinander.
Dabei ist das sogenannte Alte Schloss an der Nordseite naheliegend zum Titel das tatsächlich älteste unter ihnen. Errichtet überwiegend in dem heutigen sichtbaren Erscheinungsbild, wurde es auf den zerstörten Grundmauern der vorherigen Ministerialburg um Anfang des 16.Jahrhunderts angelegt und diente zwischenzeitlich auch als Baumwollspinnerei, Fabrik für Textilen und Schulgebäude. Nach einer Nutzung als Altersheim nach Ende des Zweiten Weltkrieges verfiel es etliche Jahrzehnte, bis nach der deutschen Wiedervereinigung, Mitte der 1990er Jahre, die Zuständigkeit an die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten überging.
Durch eine anschließend umfangreiche Sanierung ist es seitdem für die Öffentlichkeit wieder geöffnet und ebenfalls Veranstaltungsort und Tagungszentrum der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Erhalten haben sich bis heute unter anderem die sehr schmuckvollen Holzdecken und elegante Renaissance-Ornamente in den zwei großen Sälen des Südflügels.
Stohmann’sches Schlösschen und des Geheimsrats Inspiration
Auf die Renaissance Zeit geht auch die Entstehung des gleichnamigen Renaissance-Schlosses Mitte des 16. Jahrhunderts als zweites unter ihnen zurück, welches anstelle eines ursprünglich 200 Jahre zuvor dort befindlichen Gutsherrenhaus erbaut wurde. Großherzog Carl-August von Sachsen-Weimar-Eisennach übernahm 1824 das herrschaftliche Anwesen des einstigen Ritterguts nach dem Tod von Gottlieb Ludwig Stohman (jener, der auch als weiterer Namensgeber des Schlosses diente , in der Rede vom sogenannten „Stohmann’schen Schlösschen„) und baute es als Wohnschloss um.
Ebenfalls nach Carl-Augusts Plänen ist dort der englische Landschaftsgarten entstanden, der seinem engen Freund und Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe hier eine inspirierende Sommerresidenz bescherte, deren anregende Wirkung unter anderem in zahlreichen Briefen und den „Dornburger Gedichten“ ihren Ausdruck fanden. Daher ist es seit nunmehr 100 Jahren auch als „Goethe Gedenkstätte“ genutzt und beherbergt außerdem einige Teile des 1905 abgerissenen Jenaer Schlosses in seinen Gemächern.
Im Glanz des Rokoko und des ersten Parlaments Deutschlands
Das jüngste und architektonisch wohl hervorstechendste ist das Rokoko-Schloss, das sich in der Mitte der beiden anderen befindet. Es wurde ab 1732 erbaut, nach baulichen Mängeln 15 Jahre später abgerissen und zusammen mit den Seitenpavillons komplett neu errichtet.
Es war eines von zahlreichen Bauprojekten des Herzogs Ernst-August von Sachsen-Weimar-Eisennach, der seinem für barocken Prunk und Bombast bekannten Idol Kurfürst August des Starken nacheiferte, um auch hier eine Heerschau nach der Vorlage des berühmten „Zeithainer Lustlager“ ins Bild zu setzen. Diese Idee wurde zwar nie dergleichen realisiert, jedoch zeugen die bastionsartigen Terrassen am Hang bis heute von diesem Vorhaben. Um 1819 kam hier der erste von Großherzog Carl-August einberufene Landtag zusammen und war damit auch das erste Parlament einer konstitutionellen Monarchie in Deutschland.
„Für mich sollt’s rote Rosen regnen“ – Blumig begrünt, farbenfroh geschmückt
Das Lustschloss in kräftigen Farben, mit seinem Festsaal in Marmor und reich ausgeschmückten Rokokoformen im Speisesaale, ist, wie die gesamte Dornburger Anlage, umgeben von Gärten unterschiedlicher Stile, darunter auch der Landschaftspark, der Eschengang und das Teehaus.
Neben einer berühmt gewordenen Vielfalt an Rosensorten, die den Laubengang umranken, kann man hier mit etwas Glück auch so seltene Schmetterlingsarten der Wanderfalter wie das „Taubenschwänzchen“ um die Blumen tanzen sehen, die wie eine possierliche Mischung aus Hummel und Kolibri erscheinen und eine erstaunliche Geschwindigkeit von 80 km/h erreichen können.
Hinweis
An Bewirtung und Gastronomieauswahl finden Besucher zur Stärkung und zum Verweilen das Ausflugslokal „Schlossberg Dornburg“, das Restaurant „Ratskeller“ und die Gaststätte „Am Brauhaus“ vor. Den Wein, welcher hier angebaut wird, kann man übrigens direkt im Museums-Shop probieren und erwerben.