Renaissance, Barock und Klassizismus. Romanische Burg und spätgotische Architektur. Auf eine solche Fülle an Baustilen trifft man selten – das Schloss Frohburg hat sie alle! Und am Marktplatz wartet ein mystischer Fabelbrunnen auf uns. Verbringen Sie einen Tag mit uns auf halber Strecke zwischen Leipzig und Chemnitz.
Wer kennt sie nicht, die Mischwesen aus der griechischen Mythologie? Die bösartige Harpyie ist ein großer Vogel mit einem Frauenkopf und hat schon Odysseus das Leben schwer gemacht. Das geflügelte Pferd Pegasus ist weise und gutmütig. Der in ein Labyrinth verbannte Minotaurus ist kein Stier, aber auch kein Mensch. Solche auch Chimären genannte Fabelwesen geistern durch die Fantasie der Menschen und prägen die Kunst- und Geistesgeschichte. Vom alten Ägypten über die Antike und bis hin zur Fantasy-Literatur der Gegenwart zieht sich ihre Spur. Und dennoch sind wir überrascht, wenn wir selbst in der sächsischen Kleinstadt Frohburg fündig werden. Der Ort zwischen Leipzig und Chemnitz hat ein schönes Rathaus vom Ende des 19. Jahrhunderts und auf dem Marktplatz davor steht er. Der Centaurenbrunnen von Frohburg. Ein Centaur (auch Kentaur oder Zentaur) ist halb Mensch, halb Pferd. Ein kräftiges Ross, aus dem sich ein männlicher Körper nach oben erstreckt. Das Pferd im Centaur bäumt sich auf, der menschliche Anteil hebt über seinen Armen einen Felsbrocken. Der Centaur steckt mitten im Kampf gegen einen Lindwurm. Noch so ein Fabelwesen. Er erinnert uns an einen Drachen, wie er sich so mit weit aufgerissenem Maul um den Centaur windet. Geschaffen hat den Centaurenbrunnen im Jahr 1899 der Dresdener Bildhauer August Herzig (1846-1919).
Schloss Frohburg und sein Schlosspark
Der Rathausplatz am Markt mit seinem beeindruckenden Centaurenbrunnen ist aber nur der erste Teil unseres Ausflugs mit dem Reisebus. In der Nähe des Marktes (in der Webergasse oder in der Brückengasse) können Sie je nach Größe des Reisebusses auch einen Parkplatz finden. Zu Fuß geht es dann vom Marktplatz aus weiter durch die Mühlgasse in Richtung Schloss Frohburg. Die vierflügelige Anlage erreichen Sie nach etwa 300 Metern. Wenn Sie eine leichte Anhöhe hinauf und somit einmal um das Schloss Frohburg herumgelaufen sind, begrüßt Sie eine hohe Fassade. Neben dem Durchgangstor zum Schlossmuseum entdecken wir eine architektonische Besonderheit: ein Arkadengang, auf dem sich eine große Terrasse befindet. Dies Baukonstruktion nennt sich Altan (im Lateinischen heißt altus hoch) oder auch Söller. Der zweite Begriff leitet sich ebenfalls aus dem Lateinischen ab – sol heißt Sonne und somit ist eine Plattform gemeint, die sich unter der freien Sonne befindet. Errichtet wurde der Anbau im Jahr 1860. Damit öffnet sich das Gebäude zum ebenfalls im 19. Jahrhundert gestalteten Landschaftspark, der das Schloss Frohburg umgibt. Er wurde im Stil englischer Landschaftsgärten verändert und auch heute bietet ein Spaziergang dort Muße und Zufriedenheit. Überzeugen Sie sich selbst.
Schloss Frohburg zwischen Romanik, Spätgotik, Renaissance und Barock
Schloss Frohburg präsentierte sich nicht schon immer als geschlossene vierflügelige Wand. Als romanische Burganlage war sie auch im 13. Jahrhundert schon relativ gut geschützt. Durch ihre Lage auf einer Felskante und durch die Begrenzung auf einer Seite durch den nahegelegenen Fluss Whyra kam sie mit einer drei Gebäude verbindenden Mauer aus. Alte Burgen nutzen fast immer die Geografie des Geländes sehr geschickt für ihre Bauten aus. Nach der Erweiterung zur spätgotischen Anlage erhielt Schloss Frohburg seinen heutigen äußeren Umriss. Die hohen Giebeldächer wurden allerdings erst in der Renaissance in der Mitte des 16. Jahrhunderts aufgebaut. Schön zu erkennen sind auch die glatt verputzen Mauerränder. Es wirkt fast so, als seien hier breite wuchtige Steinquader verbaut. Ein optischer Trick, um eine Burg bzw. ein Schloss massiger, gedrungener und schwerer aussehen zu lassen. An der Fassade wurde übrigens auch in der Barockzeit rumgewerkelt. Im 18. Jahrhundert wurden die Fenster mit Ohren versehen. Nicht damit man besser hören konnte, was der Adel in den Gemäuern Wichtiges bespricht, sondern als ästhetische Optimierung. Von Ohren spricht man in der Architektur, wenn kleine Erweiterungen im Bereich der die Fenster umschließenden Fassade vorgenommen werden. Die Linienführung, welche das Fenster umfließt, wird breiter. Eine grafisch abgesetzte Kante sozusagen. Der Eindruck ist der einer verzierten Ecke. Auch Türen mit erweitertem und betontem Sturz haben solche Ohren. Zur selben Zeit wurde übrigens auch ein gewaltiges Treppenhaus in einem der Flügel gebaut. Auf das Kleine und auf das Große kam es also an im Barock.
Das Schlossmuseum auf Schloss Frohburg
Der Eintritt für Schloss Frohburg ist sehr erschwinglich. 3 € werden erbeten (ermäßigt 2 €), bei Gruppen ab 10 Personen kostet der Eintritt ebenfalls lediglich 2 €. Ein weiterer Euro fällt an, wenn Sie nach Voranmeldung eine Führung haben möchten. Dabei erleben Sie auch die zahlreichen Kellergewölbe, in denen zahlreiche Ausstellungsgegenstände und bebilderte Schautafeln zur Geschichte von Schloss Frohburg gezeigt werden. Vielleicht ist es also eher Geschmackssache, ob Sie von jemand Ortskundigem begleitet werden möchten, oder ob Sie die Ruhe schätzen, mit der Sie sich den Texten und Erläuterungen widmen können. Zu sehen gibt es allerdings auch einiges: historische eiserne Öfen, Ausmalungen von Kassettendecken, Stuck auf Putz, unverputzte Jahrhunderte alte freigelegte Balken, Wandmalereien, Bilder und Gemälde. Porträts des Adelshauses, aber auch alte Schlossansichten. 800 Jahre Baugeschichte wollen erzählt sein – und dafür braucht es ausreichend Zeit. Lassen Sie auch den Innenhof auf sich wirken. Schiefergedeckte schwarze Dächer, weiß gekalkte Wände, von rotem Stein umfasste Fenster. Die Farbenlehre der einfachen Klarheit wirkt beruhigend. Eine optische und ästhetische Sprache, die wir überall in Europa zu verstehen gelernt haben. Die Steine der Umgebung prägen die Bauten. Die Sande, der Rochlitzer Porphyr, der Schiefer. Auf natürliche Weise kommt hier zusammen, was die Natur schon vorgegeben hat. Natürlich kennt der Prunk im Schloss auch andere Seiten – wertvolle Materialien, Tücher und Sammelgegenstände konnten den Herrschenden ja oft nicht von weit genug her stammen. Dann ist es gerade die Extravaganz, die auf Macht und Vermögen schließen lassen.
Hinweise
Das Schloss Frohburg finden Sie in der Florian-Geyer-Straße 1 in 04654 Frohburg. Die Telefonnummer ist die 034348-51563 / Die E-Mail-Adresse lautet: schlossmuseumfrohburg@gmail.com
Geöffnet hat das Schloss Frohburg dienstags bis freitags von 08.30 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Von Mai bis Oktober ist samstags von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet und sonntags von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Führungen können auch außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart werden. Dafür wenden Sie sich bitte an die angegebene Kontaktnummer bzw. an die E-Mail-Adresse.
Weitere Informationen erhalten Sie auch über den Freundeskreis Schloss Frohburg e.V.
Die Adresse des Vereins ist am Markt 20 in 04654 Frohburg / Telefon: 034348-51944
Lesenswert
Susie Hodge ist Kunsthistorikerin und Historikerin. Anhand von 50 exemplarischen Gebäuden aus dem Altertum bis heute führt sie kompakt in die Baustile der Architektur ein. Ihr Buch heißt: Eine kurze Geschichte der Architektur: Ein Überblick über die wichtigsten Stile, Bauwerke, Elemente und Materialien.
Das Taschenbuch gibt es für 20 € im Handel.
Wer es noch etwas wissenschaftlicher und exakter mag, dem empfehlen wir das reichlich mit Zeichnungen illustrierte Werk Baustilkunde: 3500 Bauten aus der alten und neuen Welt. Alle Epochen und Stile in über 1700 Zeichnungen. Das Buch ist ein fundiertes Grundlagenwerk zur Baukunst, chronologisch nach Epochen sortiert. Es ist für 15 € erhältlich und lohnt sich, wenn Sie sich wirklich mit Architektur und Baustilen befassen möchten.