Wir entdecken einen Stasi-Bunker.
Faszinierend und unheimlich. Die DDR war auf alles vorbereitet im Kalten Krieg. Fahren Sie mit uns in die Nähe von Leipzig. Überall Wälder, Siedlungen und Fischteiche. Und mittendrin eine für lange Zeit geheime Bunkeranlage.
Lüften wir gemeinsam ihre Geheimnisse!
Es ist für den Reisebus wirklich keine weite Fahrt von Leipzig aus. Gerade einmal 25 km vor den Toren der Stadt liegt die Bunkeranlage, die zur DDR-Zeit im Ernstfall dem Leiter der Dienststelle des Leipziger Staatssicherheitsdienstes mit seinen 120 Untergebenen als Ausweichquartier gedient hätte. Folgen Sie einfach der B6 nach Osten bis Machern, biegen nach Norden auf die Püchauer Straße in Richtung Schloss Püchau und nach 2 km öffnet sich die Landschaft ein wenig. Zwischen kleinen Wäldern und Äckern zweigt der Alfred-Frank-Weg ab, an dessen Ende Sie gegenüber des Waldgartenvereins Lübschützer Teiche e.V. einen großen Parkplatz finden. Hier kann der Reisebus für die Dauer Ihres Aufenthaltes stehen.
Der Stasi-Bunker und das Stasi-Museum in Leipzig
Betreut wird die seit 1996 als Museum der Öffentlichkeit zugängliche Bunkeranlage und das drum herumliegende Gelände vom Stasi-Museum in Leipzig. Dorthin können Sie sich auch telefonisch oder persönlich wenden, wenn Sie einen Ausflug zur Besichtigung planen und sich eine Führung über das Gelände oder durch den Stasi-Bunker wünschen. An jedem letzten Wochenende im Monat jeweils von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr ist das möglich.
Warum ein Bunker mitten im Wald?
Wir nähern uns heute über den Hauptweg durch die Waldgartensiedlung an. Der Lübschützer Weg führt auf halber Strecke zum Stasi-Bunker nach etwa 250 Metern an der Gaststätte Zum Waldeck vorbei. Hier können Sie sich schon mal einen Eindruck machen, falls Sie planen, nach der Besichtigung hier einzukehren. Auch für größere Gruppen kann vorreserviert werden. Der Weg durch die Gartenanlage ist sehr passend, denn auch das Areal rund um den Bunker diente der Tarnung. Wie eine kleine, von Bäumen und Sträuchern umgebene Siedlungserweiterung sieht hier alles aus. Das Gelände war offiziell als Ferienanlage des Volkseigenen Betriebs (VEB) zur Wasserversorgung und Abwasserbehandlung ausgewiesen. Nachdem zunächst zwei Tiefbrunnen zur späteren Wasserversorgung ausgehoben worden waren, erfolgte 1968 der Spatenstich für die Bunkeranlage. Von 1971 bis zum Zeitpunkt der Entdeckung im Zuge der Friedlichen Revolution 1989 stand das Areal bereit, falls es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, zu einer militärischen Niederschlagung von Protesten in Leipzig oder gar zu einem Atomkrieg gekommen wäre. Es waren die Zeiten des Kalten Krieges.
Alles eine Sache der Tarnung
Interessant an der Anlage, die oberirdisch auch barrierefrei zu besuchen ist, sind die vielen Tarnbauten. Bungalows, Tischlerwerkstatt und andere Gebäude dienten dazu, den Anschein zu Erwecken, hier ginge nichts Besonderes vor. Inwiefern all das ohne das Wissen der umliegenden Anwohner vonstatten gehen konnte, ist eine unbeantwortete Frage. Aber raffiniert in die Irre zu führen war natürlich die Absicht dieses streng geheimen Projektes. So war das mit Zaun und Stacheldraht gesicherte etwa 5 ha große Gelände streng in innere und äußere Bereiche gegliedert. Sichtachsen wurden mit unscheinbaren Blenden verdeckt. Harmlos wirkende Bungalows dienten in Wirklichkeit dazu, dass die Zugänge zum Stasi-Bunker nicht gesehen oder auch nur erahnt werden konnten. Über all diese Zusammenhänge informieren 30 großformatige wetterbeständige Tafeln auf dem Gelände.
Im Innern des Stasi-Bunkers
Dennoch ist es natürlich Ziel unseres Ausfluges, in den Bunker selbst hinab zu tauchen mit seinen 16 sehr schmalen, etwa 30 qm großen Räumen. Enge Gänge, Kommandozentrale, Wasseraufbereitung, Lüftungstechnik, Dieseltanks, Notstromaggregate und so einiges mehr erstrecken sich auf einer Gesamtfläche von 1500 Quadratmetern 5 Meter tief unter der Erde. Für eine Woche sollte hier völlig autark im Falle einer Staatskrise durchgehalten werden können.
Der Stasi-Bunker wurde nie gebraucht
Man war vorbereitet auf den Ernstfall. Die wichtigsten Unterlagen hätten aus der Leipziger Dienststelle für Staatssicherheit hierher gebracht werden sollen. Auf wasserlöslichem Papier geschriebene Anweisungen für den Notfall, ebenso wie andere wichtige Dokumente zur Aufrechterhaltung von Befehlsstrukturen und Versorgung. Zu besichtigen gibt es Nachrichtentechnik ebenso wie Feldbetten. Die Kommunikationskanäle waren auf dem damals neusten Stand der Technik. Ein Funksender war, damit er nicht geortet und zerstört werden konnte, eigens in einem mehrere Kilometer entfernten kleinen Bunker untergebracht und konnte von hier aus ferngesteuert werden. Es gab ein sogenanntes Notlüfterfahrrad, auf dem im Notfall Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) hätten strampeln müssen, falls die Luftversorgung im Bunker unzureichend und es damit für die Anwesenden gefährlich geworden wäre. Es diente der Luftumwälzung und Sauerstoffzufuhr von oben.
Neben dem Stasi-Bunker liegen die Lübschützer Teiche
Wenn wir die durchaus bedrückende Bunkeranlage verlassen (eine Führung kann locker über eine Stunde gehen), sind wir froh, wieder an Luft und Tageslicht zu kommen. In diesem Sinne wollen wir Ihnen auch einen erholsamen Ausklang für den Ausflug vorschlagen. Wenn Sie das Gelände zum nördlichen Ausgang verlassen, kommen Sie direkt an die Lübschützer Teiche. Seit vielen Jahrzehnten werden diese als Fischgewässer genutzt. Schon immer war das hier eine wasserreiche Gegend. Der Tresengraben ist eine natürliche Geländevertiefung, die sich bis zur Mulde zieht. Sie ist Teil einer von Gletscherendmoränen der letzten Eiszeit geprägten Landschaft. Jedenfalls wurde hier schon vor über 500 Jahren ein Bach zu einer Reihe von Teichen gestaut. Dessen größter ist der Sahlweidenteich. Hier gibt es auch die meiste Infrastruktur zur Naherholung. Bungalows können gemietet werden, es gibt einen Tretbootverleih, einen Kinderspielplatz und einen im Sommer gut frequentierten Strandabschnitt am Ufer. Aber vor allem hat sich hier die Gaststätte Lübschützer Teiche erhalten, die wir Ihnen nach diesem Tag sehr ans Herz legen wollen. Es gibt einen großen Freisitz, an dem Sie im Sommer ein Eis genießen können. Sie können sich hier aber auch mit größeren Gruppen zum Essen voranmelden. Auf der Speisekarte reicht das Angebot von Rinderroulade über hausgemachte Sülze bis zu gebackener Forelle mit Salzkartoffeln. Das alles gibt es außerdem zu erschwinglichen Preisen. Vergessen Sie nicht, wir sind vor den Toren der Stadt. Somit hoffen wir, dass Sie mit dem Reisebus gut gesättigt zurückkehren nach Leipzig oder von wo auch immer aus Sie den Weg zum Stasi-Bunker und zu den Lübschützer Teichen gefunden haben.
Hinweise
- Kontakt zum Stasi-Museum in Leipzig. Hier erhalten Sie auch alle Informationen zu Führungen am Stasi-Bunker an den Lübschützer Teichen bei Machern:
Telefon: 0341/961 24 43
- Kontakt zur Gaststätte Lübschützer Teiche
Telefon: 03425/814784 oder per E-Mail an meding@gaststaette-luebschuetzer-teiche.de
Lesens- und Sehenswert
- Im Campus Verlag ist im Jahr 2017 das Taschenbuch Im Dienst der Staatssicherheit erschienen. Es ist allerdings schon eher eine soziologische Studie als ein Text zum nebenher lesen. Vielleicht ein Tipp für wirklich am Verstehen interessierte Leserinnen und Leser. Das Buch stützt sich auf 70 Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern der Staatssicherheit.
- Als Spielfilm über den Staatssicherheitsdienst der DDR war 2006 der Film Das Leben der Anderen von Florian Henckel von Donnersmarck sehr erfolgreich. Empfehlenswert!