Ein Fischrestaurant oberhalb der Saale? Ein Aussichtsturm mit Blick auf ein Kraftwerk? Eine Adelsfamilie, die mit ihrem politischem Erbe ringt? Wir erzählen überraschende Geschichten rund um Schloss Schkopau und die Familie von Trotha.
Es ist ein faszinierender Anblick. Genau genommen sind es zwei Eindrücke, die viel gegensätzlicher nicht sein könnten. Wir befinden uns auf dem Bergfried des Schlosses Schkopau südlich von Halle, nahe der Landesgrenze zu Sachsen. In die eine Richtung schauen wir in eine liebliche Auwaldlandschaft, in der Saale und Elster sich ein romantisches Stelldichein geben. Die Saale fließt direkt am Schloss Schkopau entlang, dahinter bis zur Elster gibt es nur Grün. Wiesen, kleine bewaldete Gebiete und in der Ferne die großen Gewässer Wallendorfer See und Raßnitzer See. Nicht alles erblickt man, aber erahnen tut man es doch. Ein kontrastreicher kleiner Schock durchfährt uns, wenn wir in die andere Richtung schauen. Im Westen erhebt sich am Horizont das tags dampfende und nachts leuchtende Industriegebiet von Buna. Plaste und Elaste aus Schkopau hieß es zu DDR-Zeiten auf großen Leuchtreklamen; die VEB Chemischen Werke Buna produzierten viel. Entsprechend dreckig, laut und übel riechend war es hier bei Westwind früher oft. Dann vielleicht doch nochmal ein Blick zur anderen Seite, dorthin, wo die Sonne aufgeht und über das beurkundete Naturschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) scheint.
Schloss Schkopau und die Familiengeschichten von Trotha
Von gewaltigen Gegensätzen geprägt sind auch die Biografien der Mitglieder der Adelsfamilie von Trotha. Bis zu ihrer Enteignung durch die sowjetische Armee im Jahr 1945 residierte und herrschte sie hier über Jahrhunderte. Der Sieg über das faschistische Hitlerdeutschland besiegelte also auch das Schicksal der von Trothas. Einen dunklen Ritter von hünenhafter Gestalt, Hans von Trotha (1450-1503), brachte die Familie einst hervor; sehr belastend für die Familienvita ist auch, dass Lothar von Trotha (1848–1920) als preußischer General hauptverantwortlich für die inzwischen als Völkermorde anerkannten Verbrechen an den Herero und Nama auf dem Gebiet des heutigen Namibia war. Clamor von Trotha (1894-1988) kämpfte beispielsweise für die Kaiserliche Armee im Ersten Weltkrieg, war auf U-Booten, wurde Kapitän und im Zweiten Weltkrieg war er Konteradmiral und Kommandant. In den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erwirkten die von Trothas übrigens auch, dass auf Schkopau die Wahl fiel, als es um den Aufbau eines Industriestandortes unmittelbar vor der Schlosstür ging. Durch den Verkauf der eigenen Ländereien an die produzierenden Unternehmen machte man gute Gewinne. Dass die Familiengeschichte mitunter sehr herausfordernd ist, war vielleicht auch der jungen Filmemacherin Désirée von Trotha (1961–2021) bewusst; sie entschied sich für ein Leben in Nordafrika unter anderen Vorzeichen. Sie lebte mit einheimischen Stämmen zusammen und drehte mit Preisen ausgezeichnete Dokumentarfilme für das deutsche Publikum. Auch einen berühmten Geistlichen brachte die Familie hervor, den Bischof von Merseburg Thilo von Trotha (1443-1514). Zu seinen Lebzeiten trug sich auch die Legende vom Ring stehlenden Raben zu, von der wir in unserem Buskompass-Artikel vom Petersberg berichten.
Die Geschichte von Schloss Schkopau
Nachdem wir dieses Mal thematisch direkt richtig tief eingestiegen sind beim Schloss Schkopau und seiner Adelsfamilie, wollen wir an dieser Stelle ein paar Fakten zur Historie und Architektur zusammentragen. Schließlich sollen Sie bei Ihrem Ausflug mit dem Reisebus nicht völlig unvorbereitet den ehrwürdigen Mauern gegenübertreten. Im Jahr 1177 fand der Ort Schkopau in der zukünftigen Bischofsstadt Merseburg erstmalig Erwähnung. Die damals schon bestehende Befestigungsanlage der Karolinger wandelte sich zur Burg und gut 300 Jahre später zum Schloss – unter tatkräftiger Mithilfe des schon erwähnten Bischofs Thilo von Trotha. Damit sollte vom 15. Jahrhundert an eine Adelsfamilie an der Saale ihren Weg in die Geschichtsbücher finden. An der Burg gebaut wurde natürlich weiter. Im 16. Jahrhundert entstand der massive Bergfried mit seinen typischen Zinnen. Noch heute bietet er einen wuchtigen Eindruck und kann bestiegen werden. Der Rest wandelte sich zunehmend von einer Burg zum Wohnschloss im Neorenaissancestil. Eine für die Zeit typische Hochterrasse, der Altan, wurde angelegt und ein Landschaftsgarten wurde gestaltet. Denkmäler wurden aufgestellt und ein einfaches Wegesystem angelegt. Über dieses gelangt man heute barrierefrei hinunter zum Saaleufer, wo man auf die Bootsanlegestelle vom Schlosshotel Schkopau trifft. Ob hier immer noch angelandet wird, wenn man sich nicht gerade mit dem Reisebus auf Schlosserkundung begibt, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Aber wir können Ihnen versichern, dass Sie von hier aus einen schönen Blick haben auf die stählerne Eisenbahnbrücke, welche die Saale ein Stückchen flussaufwärts quert. Flussabwärts mündet der kleine Bach Laucha in die Saale; gemeinsam vereinigen sie sich dann im Südraum von Halle mit der aus Leipzig kommenden Elster. Wenn Sie sich ausreichend die Beine vertreten haben, bekommen Sie vielleicht Lust, zum Schloss Schkopau zurückzukehren, um nach vorheriger Reservierung dort zu essen.
Im Schlossrestaurant von Schloss Schkopau gibt es reichlich Fisch
Gespeist wird auf Schloss Schkopau übrigens eher vornehm als wild und ritterlich. Ob auf der Sommerterrasse im Schlossinnenhof, im Schlossrestaurant Le Château oder im Rittergewölbesaal – das Schlosshotel Schkopau ist bereit, Sie zu empfangen. Angepriesen werden regionale und internationale Speisen. Beim genauen Studieren der genussvollen Speisekarte fällt allerdings eine Vorliebe für Fischgerichte auf. Damit Ihnen schon mal das Wasser im Mund zusammenläuft, hier eine kleine Auswahl: Filet vom Lachs an Limonenrisotto mit grünem Spargel und Sauce Hollandaise wird zur Spargelzeit im Frühjahr angeboten. Gebratenes Filet vom Geiseltaler Zander mit Röstkartoffeln, Dijonsenfsauce und marinierten Wildkräutern ist auch in der Wintersaison zu haben. Und wer an Bärlauch gefallen findet, wie er beispielsweise auch in den Auwäldern wächst, die sich aus der Leipziger Umgebung bis hinein nach Sachsen-Anhalt ziehen, dem sei zu guter Letzt folgendes Gericht empfohlen: Kabeljau à la Colbert auf warmem Belugalinsensalat und Bärlauch-Krusteln. Wir empfehlen einen lauen Sommerabend für einen Besuch. Da hat die Gastronomie unter der Woche bis 23.00 Uhr geöffnet, an Sonntagen und Feiertagen durchgehend von 12.00 Uhr bis 21.00 Uhr.
Hinweise
Das Schlosshotel mit seinem Restaurant auf Schloss Schkopau erreichen Sie unter der Rufnummer 0346-17490. Dort oder unter der E-Mailadresse info@schlosshotel-schkopau.de melden Sie sich bitte, wenn Sie vorhaben, mit einer Gruppe vor Ort zu essen. Auch auf der Homepage des Schlosshotels gibt es ein Formular für Reservierungsanfragen und eine Auflistung der zahlreichen räumlichen Essensmöglichkeiten.
Die Adresse lautet folgerichtig lediglich: Am Schloss, 06258 Schkopau
Mit dem Reisebus können Sie auf dem Parkplatz am Schloss Schkopau stehen
Lesenswert
Das Buch Wunderbares Halle – Trotha und die von Trotha ist leider vergriffen; daher empfehlen wir Ihnen ausnahmsweise sich selbst im Internet ein Bild zu machen von den sehr unterschiedlichen Biographien der Mitglieder der Familie von Trotha. Im Handel gibt es außerdem Sachbücher zur unrühmlichen Rolle von Lothar von Trotha im Zuge des Völkermordes im heutigen Namibia. Ganz anders nähert sich dem Kontinent die im 20. Jahrhundert geborene Désirée von Trotha – auch von ihr gibt es neben den journalistischen Beiträgen und Dokumentationen Bücher wie Die Enkel der Echse: Lebensbilder aus dem Land der Tuareg.
Ein Kommentar
Hervorragender Beitrag!!!!
Vielen Dank
Ursula und Joachim Schlüter