Was war noch gleich ein Telemark? Kann man im Sommer Skispringen? Und seit wann dürfen das Frauen überhaupt? Das alles erfahren Sie in unserem Artikel über einen Besuch am Schwarzberg in Klingenthal. Mit der Vogtland Arena steht eine der modernsten Skisprungschanzen der Welt im Vogtland nahe der tschechischen Grenze!
Wenn die ersten Schneeflöckchen fallen, die Teiche zufrieren und die Tage immer kürzer werden, dann kommt sie bei den meisten von uns auf. Die Lust auf richtiges Winterwetter. Dann schauen wir in unsere Keller, ob die Langlaufski noch ordentlich gewachst sind oder die Jüngeren surfen durchs Internet nach den neuesten Angeboten für bunt designte Snowboards. Doch die wenigsten dürften sich trauen, was sich einige wenige Spitzensportler zumuten. Sie treibt es bei Schnee hoch hinaus auf die Skisprungschanze. Dort nehmen sie eine windschnittige Haltung ein und stürzen sich vom Schanzentisch. Mehrere Sekunden dauert der über einhundert Meter weite Flug durch die eisigen Lüfte, bis im Landebereich eine möglichst elegante Körperhaltung eingenommen wird. Damit sollen neben der Haltung beim Sprung die Punktrichter bei Wettkämpfen wie der berühmten Vierschanzentournee überzeugt werden. Vielen ist die Landetechnik als Telemark bekannt, spätestens beim Neujahrsspringen im Fernsehen stolpern wir wieder über den Begriff. Diese sichere Landungstechnik hat natürlich die Skisprungnation Norwegen erfunden und gleich nach ihrer Region Telemark im südöstlichen Landesteil benannt.
Die Aschbergschanze war der Vorgänger der Skisprungschanze in der Vogtland Arena
Wir reisen heute nach Klingenthal im Vogtland. Die direkt an der tschechischen Grenze liegende Stadt ist umgeben von nadelwaldbewachsenen Bergen. Der Blei- und Schwarzberg weisen immerhin 800 Meter auf, der Kiel (942m) und der Aschberg (936m) sind die Spitzenreiter. Beim Namen Aschberg klingelt es vielen in den Ohren, die sich etwas mit Skisport auskennen. Die Aschbergschanze, liebevoll Asch genannt, bestand von 1959 bis 1990. Anfangspunkt und Endpunkt des Vorgängers der Skisprungschanze in der Vogtland Arena waren allerdings nicht so glorreich: beim offiziellen Einweihungssprung stürzte der in Klingenthal geborene Skispringer Harry Glaß (1930-1997), der drei Jahre zuvor die erste olympische Medaille für die DDR bei den Winterspielen in Cortina d´Ampezzo errungen hatte. Der Sturz ging zwar glimpflich aus, aber eine Eröffnung stellt man sich dennoch anders vor. Die Wetterbedingungen waren einfach zu widrig gewesen. Aber man hatte die Eröffnung vor zehntausenden Zuschauern natürlich nicht verschieben wollen. Nach 1990 verfiel die Anlage zusehends, wurde nicht mehr genutzt und nach und nach abgerissen. 2016 räumte der Kampfrichterturm als Letztes das Schneefeld, beziehungsweise wurde von diesem beräumt. Es gab übrigens schon 1932 Pläne, bei Klingenthal eine Skisprungschanze zu errichten. Ziel waren die Olympischen Winterspiele von 1936. Als die Entscheidung damals für Garmisch-Partenkirchen am heute südlichsten bayrischen Zipfel fiel, war die Enttäuschung im Vogtland zwar groß, aber die Pläne wurden nie wirklich fallen gelassen. Eine tolle Entscheidung, brachte doch das Training und die Wettkämpfe an der Asch Skisprunggrößen wie den dreimaligen Vierschanzentourneesieger Helmut Recknagel (Jahrgang 1937) oder den mehrfachen Schanzenrekordhalter, Weltmeister und Olympiasieger Jens Weißflog (Jahrgang 1964) hervor.
Es geht hoch hinaus auf die Skisprungschanze in der Vogtland Arena
Als Gruppe im Reisebus haben Sie das Glück, dass Sie die Skisprungschanze in der Vogtland Arena ganzjährig besichtigen können. Natürlich ist es auch toll, hier zu einem Wettkampf hinzukommen. Schließlich handelt es sich bei der 2006 eingeweihten Anlage um eine der modernsten Skisprungschanzen der Welt. Die Atmosphäre im Talkessel mit Tausenden Fans, die sich lautstark bemerkbar machen, um die Skispringer und sich selbst gegen die Kälte anzufeuern, ist unübertroffen. Aber wir empfehlen Ihnen einen außergewöhnlichen Besuch, bei dem Sie ganz nah rankommen an das Gesamterlebnis Skispringen. Ganzjährig hat die Anlage für Besichtigungen für Gruppengrößen ab 10 Personen geöffnet. Für 7€ pro Person (ermäßigt 5€) bekommen Sie eine Berg- und Talfahrt mit einer kleinen Erlebnisbahn (Sie müssen sich also nicht die ganze Wegstrecke vom Auslauf der Skipiste bis zum Fuße des Sprungturms zu Fuß hochkämpfen) und besichtigen die Aussichtskapsel (hier sind allerdings einige Stufen bis zur Spitze des 35 Meter hohen Skisprungturmes zu bewältigen). Diese einem Flugzeugrumpf nachempfundene und auch ähnlich hergestellte Kabine besteht aus einer doppelten Schicht Aluminium und ist nach vorne hin und auch rückseitig natürlich verglast.
Die Vogtland Arena. Gestern. Heute. Morgen
Schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird der Wintersport in Klingenthal großgeschrieben. Und seit der Jahrtausendwende beziehungsweise seit dem Bau der Skisprungschanze in der Vogtland Arena werden auch wieder Skisprung-Weltcups in Klingenthal ausgetragen. In der Wintersaison 2014/2015 und in der darauffolgenden Saison 2015/2016 siegten die Teams um den bayrischen Ausnahme-Skispringer Severin Freund (Jahrgang 1988) auf dieser Schanze. An solche Ereignisse denken wir vielleicht, wenn wir uns in die Bahn setzen, welche uns den Hang hinauf bringt. Ein Erlebnis der besonderen Art. Hoch über uns schwebt der Kampfrichterturm wie ein Ufo in der Winterlandschaft. Oder falls Sie Ihren Besuch der Vogtland Arena lieber in wärmeren Jahreszeiten absolvieren, staunen Sie vielleicht über die tausenden grünen Matten, die ein Skispringen und sicheres Landen ganzjährig ermöglichen. Die Eigenschaften sind dem von echtem Schnee nicht unähnlich und nicht nur deswegen erfreuen sich auch Sommerwettkämpfe zunehmend einer besonderen Beliebtheit. Zum sogenannten Sommer Grand Prix reisen nicht nur die Größen der Skisprungszene an, sondern auch mehrere Tausend Zuschauerinnen und Zuschauer.
Der Ausblick von der Skisprungschanze Vogtland Arena
Am spektakulärsten war es für uns und wird es sicher auch für Sie sein, von ganz oben auf dem Schanzenturm hinab ins Tal zu blicken. Eine ungewöhnliche Perspektive, die einiges an Mut abverlangt. Höhenangst sollte man hier oben jedenfalls nicht haben. Eine irre Vorstellung, sich hier absichtlich in die Tiefe zu stürzen, wo doch am Ende eine Steilkante wartet und ein Flug wie der eines Adlers. Und gemeint ist hier nicht oder gerade doch das Schlitzohr Eddie the Eagle. Der Brite (mit wirklichem Namen Michael Edwards) hatte die Chuzpe besessen, da er mit seinem Sport allein auf weiter Flur war, sich 1988 für die Olympischen Winterspiele im kanadischen Calgary zu qualifizieren. Dort flog er, der den Sport erst zwei Jahre zuvor begonnen hatte zu erlernen, den anderen hoffnungslos hinterher. Aber er eroberte die Herzen der Zuschauer weltweit und bleibt einer Generation von Skisprungbegeisterten als eben jener Eddie the Eagle in Erinnerung. Wir sind froh, hier oben nicht unsere ersten Flugstunden unternehmen zu müssen, aber genießen (nachdem wir die erste Verspanntheit und Aufregung abgeschüttelt haben) dann doch den phänomenalen Weitblick ins Vogtland.
Von der Vogtland Arena ins beschauliche Klingenthal
Und wenn es Sie nach einem Besuch auf der Skisprungschanze in der Vogtland Arena frösteln sollten oder die zugige Luft in der Höhe des Schanzenturmes Appetit gemacht hat, so besuchen Sie doch mit dem Reisebus noch das kleine Städtchen Klingenthal. Es hat keine 10.000 Einwohner, wirkt beschaulich und hat neben einem kleinen Tierpark auch noch ein Musik- und Wintersportmuseum aufzuweisen. Hier erfahren Sie noch allerhand Wissenswertes zur Geschichte des Skisprungsports. Von der Adventszeit bis ins neue Jahr hinein gibt es auch immer eine beliebte weihnachtlich gestaltete Sonderausstellung. Dann ist das kleine Museum, das normalerweise dienstags bis freitags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr und samstags von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet hat, auch an Sonntagen zu erleben. Dann zwischen 13.00 Uhr und 17.00 Uhr. Hier erfahren Sie auch, warum es in Klingental im Vogtland schon vor Jahrhunderten eine Tradition im Geigenbau gab und warum seit jeher auch klangvolle Akkordeons hier hergestellt werden. Noch heute gibt es im Frühjahr jährlich einen Akkordeonwettbewerb, der mit einem öffentlichen Rahmenprogramm und musikalischen Aufführungen aufwartet. Vielleicht wird ja das schon Ihr nächster Ausflug mit dem Reisebus nach Klingenthal!
Hinweise
Der Parkplatz, auf dem Sie auch mit dem Reisebus stehen können, befindet sich 200 Meter vom Sockel der Skisprungschanze der Vogtland Arena entfernt.
Die Adresse lautet: Falkensteiner Str. 133, 08248 Klingenthal
Für Gruppenreservierungen zur ganzjährig möglichen Besichtigung der Skisprungschanze wenden Sie sich bitte an folgende Telefonnummer: 037467280860
Das Museum in Klingenthal hat die Postadresse: Schloßstraße 3, 08248 Klingenthal, auch hier können Sie sich im Vorfeld über Details erkundigen. Die Rufnummer lautet 037467-64827 oder Sie schreiben per E-Mail an museum@klingenthal.de
Sehenswert
Das alljährliche Neujahrsskispringen. Oder haben Sie wirklich am ersten Tag des Jahres schon Wichtigeres vor?